Digitale Transformation

Die digitale Transformation (auch „digitaler Wandel“) bezeichnet einen fortlaufenden, in digitalen Technologien begründeten Veränderungsprozess, der in wirtschaftlicher Hinsicht speziell Unternehmen betrifft. Im engeren Sinne wird als digitale Transformation häufig der durch digitale Technologien oder darauf beruhenden Kundenerwartungen ausgelöste Veränderungsprozess innerhalb eines Unternehmens bezeichnet.

Basis der digitalen Transformation sind eine digitale Infrastruktur sowie die – traditionell als Informationstechnik bezeichneten – digitalen Technologien, die in einer immer schneller werdenden Folge entwickelt werden und somit den Weg für wieder neue digitale Technologien ebnen. Zu den wesentlichen Treibern der digitalen Transformation gehören die digitalen Infrastrukturen (zum Beispiel: Netze, Computer-Hardware) und Anwendungen (zum Beispiel Apps auf Smartphones, Webanwendung) sowie die auf den digitalen Technologien basierenden Verwertungspotentiale, zum Beispiel digitale Geschäftsmodelle.Auch die Erwartungshaltung von Individuen – insbesondere vieler jüngerer innovativer Mitglieder der Gesellschaft unter anderem den Unternehmen gegenüber – stellt selbst eine starke treibende Kraft der digitalen Transformation dar.

Enabler (Ermöglicher)
Die digitale Transformation ist ein fortlaufender Veränderungsprozess. Die digitalen Technologien sowie deren vielfältige Möglichkeiten und Potentiale der Verwertung und Anwendung sind die Ermöglicher der digitalen Transformation. Insbesondere sind es die folgenden:

Technologien
Digitale Technologien sind die Basis für die digitale Transformation. Eine Vielzahl von Fähigkeiten ist notwendig, um digitale Technologien zu erschließen. Schlüsselkompetenzen und -technologien sind zum Beispiel Software Engineering, Systems Engineering, IT-Sicherheit, Data Analytics, Big Data, Cloud Computing usw.

Infrastrukturen

Basis für digitale Anwendungen ist die digitale Infrastruktur. Eine Vielzahl von Zugangs- und Endgeräten wie Smartphones, Tablets, Desktop-Computer und eine immer größer werdende Zahl von eingebetteten Systemen in Geräten (Maschinen, Fahrzeugen, Gebäuden, …) bilden gemeinsam mit den Netzstrukturen (drahtlos oder drahtgebunden) und den dazugehörigen Protokollen die digitale Infrastruktur. Diese bildet die Grundlage für digitale Anwendungen und schafft dadurch die Möglichkeit, Daten zwischen diesen digitalen Anwendungen austauschen, sie vernetzen zu können.

Nach Jeremy Rifkin beinhaltet jede große ökonomische Wende drei Komponenten: neue Kommunikationsmedien, um das Wirtschaftssystem effizienter zu steuern, neue Energiequellen und neue Transportmittel, um die Energie und die Waren effektiver zu transportieren („manage – power – move effectively“, wie durch die Trias Telegraph – Kohle – Eisenbahn im Industriezeitalter). So bilde heute das schnelle Internet eine Grundlage für die Entwicklung digitaler Netze in den Bereichen Industrie, Logistik und E-Mobilität bis hin zum automatisierten Fahren. Rifkin betont, dass diese Netze parallel entwickelt werden müssten. Er kritisiert, dass die deutsche Politik der Umsteuerung hin zu erneuerbaren Energien nicht von einem ausreichend schnellen Ausbau der Datennetze begleitet wird, der eine effiziente Verteilung der mit regenerativen Verfahren erzeugten Energien erlaubt. Auch müsse ein digitales Mobilitäts- und Logistiknetz mit den Daten- und Energienetzen verbunden werden. Die deutsche Öffentlichkeit habe zwar überwiegend die Energiewende unterstützt, lehne aber bspw. intelligente Stromzähler aus Datenschutzgründen ab. Die deutsche Regierung habe durch die mutige Energiewendepolitik und die daraus resultierenden Probleme den Mut zu größeren Projekten verloren.

Anwendungen

Digitale Anwendungen sind Programme (Anwendungssoftware), die bestimmte Funktionen und Dienste realisieren und anbieten (zum Beispiel Electronic Banking). Diese Funktionen und Dienste waren früher nicht in digitaler Form vorhanden und werden jetzt „digital transformiert“. Auf Basis der stark und immer stärker verbreiteten digitalen Infrastruktur (Netze und Computer-Hardware) können auch allein mittels der Software leistungsfähige und innovative digitale Anwendungen geschaffen werden (zum Beispiel Apps auf Smartphones). Durch die rein digitale Repräsentation dieser Anwendungen können diese beliebig ohne Qualitätsverlust vervielfältigt und weltweit zugänglich gemacht werden (zum Beispiel als Webanwendungen). Dies ermöglicht eine rasche Verbreitung der digitalen Anwendungen in einem globalen Ausmaß und, abhängig von der Anwendung, ohne nennenswerte Kosten für die Vervielfältigung.

Auch die (digitale) Infrastruktur wird zunehmend zur digitalen Anwendung, d. h., sie wird virtuell. Cloud-Anbieter stellen in Rechenzentren zum Beispiel virtuelle Maschinen (simulierte Computer-Hardware) zur Verfügung (IaaS), die rein digital existieren.Zum Beispiel können auf einem physisch vorhandenen Computer (Server) mehrere virtuelle Maschinen (Server) betrieben werden. Die Verwaltung dieser rein digital vorhandenen Infrastruktur erfolgt wieder über digitale Anwendungen. Diese Aufgaben wurden früher von Administratoren durchgeführt. So werden Wartungsarbeiten über digitale Anwendungen gesteuert und somit automatisiert durchgeführt.

Verwertungspotenziale
Auf Basis der digitalen Technologien entstehen eine Vielzahl von Möglichkeiten, diese zu nutzen. Unter Verwertungspotentialen verstehen wir in der digitalen Transformation Potenziale (zum Beispiel um mit digitalen Geschäftsmodellen erfolgreich zu werden), die kurzfristig entstehen, aber auch wieder verschwinden, weil sie zum Beispiel durch neue technologische Entwicklungen wieder obsolet werden. Für viele Unternehmen sinkt durch die Digitalisierung die Eintrittsschwelle in den Markt. Doch ist es zum Beispiel nur mehr mit einem sehr großen Einsatz von Ressourcen möglich, eine Internet-Suchmaschine zu entwickeln und diese am Markt erfolgreich zu positionieren.

Geschäftsmodelle

Geschäftsmodelle beschreiben Aktivitäten, wie Unternehmen Werte schaffen können, also Kundensegmente vermitteln und die geschaffenen Werte wirtschaftlich erfassen können. Digitale Geschäftsmodelle im weitesten Sinn umfassen alle Geschäftsmodelle, deren wertschöpfende Aktivitäten sich auf digitale Technologien stützen. Oliver Gassmann definiert sie etwas enger als „internetbasierte Werteversprechen auf Grundlage intelligenter Wertketten“. Durch den ständigen Fortschritt in den digitalen Technologien und/oder aufgrund der sich ändernden Erwartungen verändern sich auch die möglichen digitalen Geschäftsmodelle fortlaufend.

Die Analyse börsennotierter Unternehmen zeigt, dass Unternehmen, die auf digitalen Geschäftsmodellen basieren, insbesondere in den USA in den letzten Jahren rasant gewachsen sind und in kurzer Zeit ein Vielfaches der Marktkapitalisierung traditioneller Unternehmen erreichen konnten. Die Analyse junger sowie von Wagniskapitalinvestoren präferierter Unternehmen zeigt, dass in vielen weiteren Sektoren mit dem Aufkommen disruptiver Innovatoren zu rechnen ist. Die Verfügbarkeit von Cloud-Computing beschleunigt den Erfolg neuer digitaler Geschäftsmodelle, da sie eine schnelle Skalierbarkeit unterstützt.

Wertschöpfungsnetzwerke
Die Vernetzung von digitalen Anwendungen erlaubt die Kombination von Geschäftsmodellen und Wertschöpfungsketten über die Grenzen von Unternehmen und auch über die Grenzen des Staates hinaus. Es entstehen dadurch neue Netzwerke von Wertschöpfungsketten, die Geschäftsmodelle verknüpfen und so eine Wertschöpfungskette bilden. Deren initiale Ausprägung hat nur bedingt mit den folgenden Gliedern der Kette zu tun (zum Beispiel bei der Buchung einer Komplettreise mit den Anteilen: Flug, Steuern, Hotel, Mietwagen, Provisionen, Kreditkartengebühr usw.). Die Kommunikation zwischen den am Wertschöpfungsnetzwerk angebundenen Organisationen geschieht dabei weitgehend vollautomatisiert, wie zum Beispiel mit kognitiven Systemen.

Für Unternehmen ist die digitale Transformation vielschichtig. So können digitale Verwertungspotentiale, sofern sie richtig genutzt werden, zu schnellem Wachstum zum Beispiel eines Start-ups führen. Aber genau so können durch das Nicht-Verstehen dieser digitalen Verwertungspotentiale große Unternehmen in Bedrängnis geraten (zum Beispiel Kodak und die Digitalkameras. Dieses Phänomen wird als The Innovator’s Dilemma bezeichnet.[16]).[2] Die digitale Transformation hat auch massive Auswirkung auf die Organisationsstruktur von Unternehmen[17] Die digitalen Technologien sind nicht länger nur mehr ein Werkzeug, um die Geschäftsprozesse zu unterstützen, sondern sie sorgen dafür, dass Organisationen neu gestaltet werden (müssen).[17] Dies liegt unter anderem daran, dass Kunden inzwischen erwarten, dass sie über verschiedene Kanäle mit einer Organisation in Kontakt treten können. Dies zeigt sich, wenn die Unternehmer den vielschichtigen Customer Journeys[4] mit Multichannel-Marketing-Strategien begegnen. Die Kunden müssen also mit allen denkbaren Markt-Strategien auf ihren „digitalen Ausflügen“ erfasst und für die eigenen Produkte gewonnen werden.

Eine Kernkompetenz in der digitalen Transformation ist Softwareengineering. Sich ständig ändernde Enabler (Ermöglicher) (Digitale Technologien und Verwertungspotentiale) führen für Unternehmen dazu, dass sich die Kundenerwartungen fortlaufend verändern. Diese Veränderungen machen es nötig, dass sich Unternehmen agil den neuen Gegebenheiten anpassen müssen, um nicht von der Konkurrenz abgehängt zu werden. Unternehmen reagieren beziehungsweise müssen proaktiv agieren, um diese neuen Gegebenheiten als Unternehmen mitzugestalten. Die Fähigkeit zur Anpassung von Software, um die geänderten Organisationsstrukturen eines Unternehmens zu unterstützen, wird dadurch zur Schlüsselkompetenz eines Unternehmens im digitalen Zeitalter.

Die Neugestaltung von Organisationsstrukturen innerhalb eines Unternehmens macht auch eine neue Kultur im Umgang mit Mitarbeitern innerhalb eines Unternehmens nötig.

Unternehmen im digitalen Zeitalter (New Economy) haben zumindest eine der folgenden Kernkompetenzen

Nutzung des Internets als Plattform
Einbeziehung der kollektiven Intelligenz der Nutzer
Zugang zu Daten und deren Weiterentwicklung (Herr über die Daten sein)
Vertrauen in Anwender als Mitwirkende (Benutzer bringen die Inhalte mit)
Rentable Besetzung von Nischen
Erstellung von Software über die Grenzen einzelner Geräte und Medienbrüche hinweg